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Kritische Analyse des Nutzungs- und Betriebskonzepts des Fußballstadions in Donnerschwee

Klaas Brümann • Jan. 15, 2024

Das beliebte "Schönrechnen" der Anfangszahlen

Bereits Prof. Dr. Jürgen Schwark hatte darauf hingewiesen, dass Verluste aus Stadionprojekten gern schöngerechnet werden (Gutachterliche Äußerung), um die Vergabe von Steuergeld für den Berufsfußball durchzusetzen. Der Stadtplaner und -forscher Klaus Selle fasst das Szenario wie folgt zusammen: „Es ist fast immer der gleiche Vorgang: Die Anfangszahlen werden so „geschönt“, dass ein Konsens zum In-Gang-Setzen des Projektes möglich wird.“ Und weiter: „Politisch möglich wird ein solcher Umgang mit den Zahlen, wenn es starke Interessen an den Vorhaben gibt und deren Gegner zu schwach sind, um Berechnungen und Begründungen bereits im Entscheidungsvorfeld wirkungsvoll in Zweifel ziehen zu können.“ 

Auch die Bürgerinitiative KeinStadionBau weist schon seit Monaten immer wieder darauf hin, dass das Defizit aus dem Stadion für den Drittliga-Fußball auf unter zwei Millionen Euro gedrückt werden soll – durch falsche Erwartungen an die Einnahmen. Nun hat Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) mit dem Nutzungs- und Betriebskonzeptes erneut eindeutige Beweise für das Schönrechnen geliefert!

Dass die Ligazugehörigkeit keine Rolle spiele, ist nicht erstaunlich, sondern schlicht falsch. Die Zahlen zu Business Seats (à 2.000 Euro) und Logenplätze (à 3.000 Euro), die Zuschauerzahlen (mehr als doppelt so viele wie in der Regionalliga-Realität), MICE-Events von Sponsoren, Parkgebühren etc. gehen davon aus, dass die VfB Oldenburg Fußball GmbH eine Drittliga-Lizenz wirtschaftlich ausbeuten darf. 

Wenn Oberbürgermeister Krogmann (SPD) sich für mehr passiven Konsum des Unterhaltungsfußballs einsetzt, dann verwechselt er seine Aufgaben.

Dieser Clip zitiert ©oeins aktuell, Stadionkonzept & mehr vom 15. Dez. 2023.

CSIGHT, eine Unternehmensberatung des Sportbusiness aus Hamburg (so deren Selbstbeschreibung) wurde beauftragt, das Nutzungs- und Betriebskonzept zu erarbeiten. Dabei handelt es sich eher um eine lose Ideensammlung – Fantasie, wie es zu unserer aller Erstaunen außerhalb der öffentlichen Sitzung bezeichnet wurde. Die veröffentlichte Präsentation unterscheidet zwar zwischen einem Stadion für 7.500 und 10.000 Zuschauer. Die den Berechnungen zugrundeliegenden Zuschauerzahlen nennen aber keine Liga-Zugehörigkeit. Die genaue Lektüre zeigt, dass die „Ideensammlung” ausschließlich auf die 3. Liga ausgerichtet ist und die Regionalliga unberücksichtigt lässt. 

Im Mittelpunkt eines jeden Stadions steht der Konsum des Spiels und im weiteren Sinne die Matchday Experience“, schreibt die Hamburger Unternehmensberatung auf Seite 22. Entsprechend ist das von der Stadt Oldenburg beauftragte Nutzungs- und Betriebskonzept rein auf den Unterhaltungsfußball ausgelegt.


Das von Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) vorangetriebene Drittliga-Stadion soll also vor allem helfen, der VfB Oldenburg Fußball GmbH ein markentreues Angebot zu ermöglichen, um die Umsätze des kommerziellen Unternehmens zu maximieren.


Die Bürgerinitiative KeinStadionBau hat bereits mehrfach die Veröffentlichung eines umfassenden Nutzungs- und Betriebskonzeptes mit seriöser Information, Quellenangaben und Vergleichszahlen eingefordert. Laut einer Auskunft, die wir von der Stadionplanungsgesellschaft mbH erhielten, ist die von der Stadt veröffentlichte Power-Point-Präsentation bereits das komplette Konzept. Die Zahlen zu den Einnahmen werden darin mit Faktor 2 bis 4 übertrieben. Hierzu zitieren wir im folgenden Slides aus dieser Ideensammlung (©Stadt Oldenburg) und überprüfen die Angaben. 



Standortanalyse 

Einzugsgebiet

Die Unternehmensberatung des Sportbusiness CSIGHT stellt auf Seite 4 fest, dass im Umkreis von 60 km um Oldenburg rund zwei Millionen Menschen leben. Davon lebt allerdings bereits mehr als ein Viertel in Fahrrad- oder Nahverkehrs-Entfernung des Bremer Weserstadions. Dort bietet der SV Werder regelmäßig Erstliga-Fußball vor bis zu 42.358 Zuschauer*innen. Werder hat mit 48.000 Mitgliedern 40 mal so viele wie der VfB Oldenburg e.V. und ist daher lokal verankert und finanziert.


CSIGHT zieht dann noch einen unsinnigen 100-Kilometer-Kreis bis in die niederländischen Provinzen Groningen und Drenthe bzw. bis kurz vor Hamburg, um auf ein „Einzugsgebiet“ von beeindruckenden 3,5 Millionen Einwohner*innen zu kommen – da gibt es aber viel Konkurrenz. Wenn wir um jeden Erst- und Zweitligisten in unserer Region einen solchen 100-Kilometer-Kreis ziehen würden, wie es CSIGHT tut, dann würden im Uhrzeigersinn neben Werder Bremen, der Hamburger SV, Hannover 96, VFL Osnabrück und der FC Groningen das  Einzugsgebiet der „VfB GmbH“ auflösen:

Die Quelle für das Ranking ist Opta Global Power Rankings

Die Quelle für das Ranking ist Opta Global Power Rankings

In südwestlicher Richtung liegt die Hänsch-Arena, Heimspielstätte des SV Meppen, nur 100 Kilometer von Oldenburg entfernt. Anders als die Universitätsstadt Oldenburg, hat Meppen eine gelebte Fußballkultur. In die Ertüchtigung für die 3. Liga investierte die Stadt Meppen zusammen mit dem Landkreis Emsland in den letzten fünf Jahren gut vier Millionen Euro – in etwa die Summe, die die Stadt Oldenburg allein (ohne den Landkreis) gegenwärtig im Marschweg für DFB-Auflagen verbaut.

Fazit: Das Einzugsgebiet ist völlig übertrieben groß und die Zielgruppe um Faktor 4 zu hoch angesetzt. Weil die Unternehmensberater das angebliche Einzugsgebiet bis in die Niederlande ausgedehnt haben, also auch in das Einzugsgebiet von Groningen und Assen, betonen sie wohl unabsichtlich die EU-Binnenmarkt-Problematik, die unweigerlich entsteht, wenn die Stadt Oldenburg ihrem Drittligisten ein Stadion finanziert.


Statistisches Einkommen

Auch beim Thema „Einkommen” nutzen die Hamburger Unternehmensberater statistische Zahlen, gerade so, wie sie ihnen passen: Sie schreiben, Oldenburg verfüge über eine „einkommensstarke Bevölkerung” (S.16). Im Landkreis Oldenburg trifft das mit durchschnittlich 24. 773 Euro pro Person und Jahr zu – aber der Landkreis Oldenburg bezahlt keinen Cent für das Drittliga-Stadion. In der Stadt Oldenburg ist das durchschnittliche Einkommen mit 21. 564 Euro pro Jahr deutlich niedriger, als im Umland (NWZ 23.10.2023). Den Eintritt und den Konsum im Stadion müssen  Zuschauer*innen aber von ihrem verfügbaren Einkommen bezahlen. Auch weil in Oldenburg Mieten und Grundsteuer vergleichsweise hoch sind, ist das verfügbare Einkommen in der Stadt Oldenburg eher niedrig – im Schnitt verfügen die Menschen in der Stadt Oldenburg über 2.000 Euro weniger im Jahr, als auch zum Beispiel im Ammerland. (NWZ 01.11.2023).

Die Hamburger Unternehmensberater behaupten, die Kaufkraft sei in Oldenburg mit 27.085 Euro höher, als im gesamten Niedersachsen, sogar höher, als im Bundesdurchschnitt (siehe Seite 5. Daten von © 2023 Michael Bauer Research GmbH, Nürnberg). Das sieht das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) völlig anders: „Die Stadt Oldenburg ist niedersachsenweit Schlusslicht bei der Kaufkraft. Weil hier hohe Lebenshaltungskosten auf vergleichsweise niedrige Einkommen treffen, können sich die Menschen weniger leisten als anderswo. Bundesweit landet Oldenburg damit sogar auf dem 14. Platz unter den Kreisen und kreisfreien Städten mit der geringsten Kaufkraft. Ganz anders sieht es im Landkreis Oldenburg aus, wo den Menschen durchschnittlich 5,3 Prozent mehr Geld bleibt als im bundesweiten Durchschnitt Schlusslicht im Land ist die Stadt Oldenburg, deren Einwohner sich rechnerisch 13,2 Prozent weniger leisten können als der Durchschnitt. Pro Kopf liegt das preisbereinigte Einkommen laut der Auswertung bei 21.152 Euro pro Jahr.“ (NWZ 6.11.2023).


Wettbewerb

In der Stadt Oldenburg gibt es vergleichsweise viel Infrastruktur, die Raum für Großveranstaltungen und Konzerte bietet. Ein offenes Fußballstadion mit nur 7.500 Plätzen ist deutlich weniger attraktiv, als etwa die Messehalle nebenan mit 8.000 Plätzen unter Dach. Die Weser-Ems-Hallen Gesellschaft bewirbt die Große EWE Arena als eine der modernsten Multifunktionsarenen Deutschlands“ und als Aushängeschild des Veranstaltungskomplexes für Events mit 10 bis 10.000 Gästen. Veranstalter, die ihr Event vom Wetter abhängig machen möchten, könnten nebenan das Freigelände der Weser-Ems-Hallen für bis zu 20.000 Zuschauer*innen nutzen, ohne einen Rasen abdecken zu müssen. Die Fläche ist mindestens 40 Wochen im Jahr verfügbar.


Die von CSIGHT genannten Sportevents American Football, Fußballspiele der Jugend und ein Marathon-Einlauf können sehr viel besser im Marschweg-Stadion ausgetragen werden. Mit 15.200 Plätzen hat es schon heute mehr Kapazität als alle Ausbauvarianten des an der Maastrichter Straße geplanten Stadions (S.6).


Lokaler Wettbewerb – Große EWE Arena 

Der Ausbau der Großen EWE Arena auf 8.000 Plätze bestuhlt ist entschieden, und das schon jetzt MICE-fähige Foyer soll demnächst durch eine erweiterte, MICE geeignete VIP-Lounge ergänzt werden. MIICE bezeichnet im Marketin-Sprech Nutzungen für Business-Events und ähnliches. Daher sind die Bewertungen zu Sport-Einzelevents, Konzerten und MICE, aber besonders die Nullwertung zu Kultur & Gesellschaft und Privat (S.15) vollkommen wertlos. Für diese Nutzungen ist die überdachte Große EWE Arena eindeutig besser geeignet, als ein offenes Drittliga-Stadion mit einem vom DFB kontrolliertem Rasen und striktem Spielplan. Der Power-Point-Präsentation von CSIGHT fehlt hier auch der Vergleich mit dem geplanten Fussballstadion – aber wahrscheinlich wäre die Absurdität der Annahmen dann einfach zu auffällig.



Bewertungsmatrix

CSIGHT verwendet zur Bewertung einen sogenannten Gesamtscore von 0  bis 100, der Prozentsätzen gleicht. Es gibt Scores in sieben Bereichen. Der wichtigste Einzelscore ist „Bedarfe“, was mehr als ein Fünftel des Gesamtscores ausmacht. Wie das funktioniert, sehen wir etwa am VfB-Fanshop. Da nach Ansicht von CSIGHT Oldenburg einen Bedarfsbestand von 100/100 für einen Fanshop hat und drei Viertel der Zielgruppe angeblich einen Fanshop will, bekommt der Fanshop auch einen hohen Gesamtscore. Die volle Punktzahl für „Einfluss auf die Spieltagsexperience“ und für „Markenerlebnis des Fußballclubs“ führen dazu, dass die Unternehmensberater empfehlen, dass die Oldenburger Steuerzahler*innen der VfB Oldenburg Fußball GmbH einen Fanshop finanzieren.


Im Bedarfscore der Nutzungsoptionen kommt der Fanshop dann auch auf 18,5 (von 21,7) oder 85 Prozent – und damit ähnlich gut wie Parkplätze. American Football kommt dabei nur auf 7,5 bzw. 35 Prozent – daher ist nicht davon auszugehen, dass die Knights den heiligen Rasen regelmäßig malträtieren werden (S.34). Aber immerhin wird den Kennern der Regeln zu „Touchdown, Fieldgoal, 10 Yards und Reset“ ein sozialer Mehrwert von 74 Prozent zugerechnet (S.36). 


CSIGHT rätselhafte Bewertung bekommt erst dann Sinn, wenn frau/man versteht, dass alle Scores ausschließlich auf die Einnahmen-Maximierung für den Berufsfußball und das Markenerlebnis „VfB Oldenburg“ ausgelegt sind.

Ist ein Konzert im Stadion langweiliger als der Parkplatz? 

Beim Nutzererlebnis erreichen die Parkflächen einen Score von 11,7 von 13 Punkten oder 90 Prozent (um diesen Score vergleichbar zu halten). Das ist fast doppelt so viel Nutzererlebnis, wie Konzerte und Entertainment, deren Score auf nur 6 von 13 oder 46 Prozent gewertet wird (S.38). Was steckt dahinter? 

Das Nutzererlebnis definiert sich zu 80% aus dem Einfluss auf die Spieltagsexperience und dem Markenerlebnis des Fußballclubs.

Das Nutzererlebnis definiert sich zu 80 Prozent aus dem Einfluss auf die Spieltagsexperience und dem Markenerlebnis des Fußballclubs. Das Bild zitiert ©Stadt Oldenburg und/oder ©CSIGHT ©Drees&Sommer.


Am Ende kommen die Parkflächen zusammen mit dem VfB-Fanshop nach dem MICE-Erlebnis auf den zweithöchsten Wert aller Nebennutzungen. Die Unternehmensberater werten das Nutzererlebnis nämlich ausschließlich nach seinem Wert für den Fußball: Der Einfluss auf die „Spieltagsexperience” und das „Markenerlebnis Fußball” definieren zu 80 Prozent den Wert des Nutzererlebnisses – und damit fällt alles, was nicht direkt der Marke „VfB Oldenburg Fußball GmbH“ dient, hinten runter (S.31).



Sozialer und kultureller Mehrwert

Mit einem weiteren undurchsichtigen Score bewerten die Unternehmensberater den sozialen Mehrwert des geplanten Stadions in Donnerschwee. Wer die positiven sozialen Aspekte des Breitensports wie Zusammenhalt, Freundschaften pflegen, Vorbildfunktion und Zugehörigkeitsgefühl erwartet, liegt hier falsch. Denn es „geht hier nicht darum, dass wir da Sport machen“, sondern es geht allein um den Profifußball, so gab es Oberbürgermeister Krogmann (SPD) unverblümt auf einer Veranstaltung im Januar 2023 zu, wo er für sein Drittligastadion warb. 


Entsprechend bewerten die „Fachleute von CSIGHT“, wie die Pressemitteilung der Stadt Oldenburg die Unternehmensberater des Sportbusiness nennt, den sozialen und kulturellen Mehrwert des Drittligastadions nur nach folgenden vier Kriterien (S.28):

  1. Auswirkungen auf die lokale Gemeinschaft
  2. der Ertrag des sozialen Kapitals, oder in der Sprache des Sportbusiness: der Social ROI, 
  3. kulturelle und gesellschaftliche Events mit einem Mehrwert für die lokale Identität und Gemeinschaft, die zur Markenbildung der Stadt beitragen (die aber eher selten oder nie stattfinden werden, s.u.)
  4. Integration und Inklusion (was von renommierten Sportsoziologen bestritten wird)

Die sozialen Kosten des Drittliga-Fußballs bewerten die Berater des Sportbusiness dagegen gar nicht: 

  1. Lärm, der sich negativ auf die Gesundheit, das subjektive Wohlbefinden und die Lebensqualität der Anwohner*innen auswirkt
  2. „Mackertum/Machogehabe” und Alkoholkonsum der Zuschauenden
  3. dominantes Abtauchen in die Welt als Fan und seine sozialen Folgen
  4. statt angeblicher Integration und Inklusion des Breitensports kritisieren führende Sportsoziologen, dass Unterhaltungsfußball eine Spaltung der Gesellschaft in Freund und Feind schafft.
  5. gewaltbereite und gewaltsuchende Fans, Hooligans und Extremismus 
  6. Kosten der Polizeieinsätze und die Auswirkungen der Gewalt auf die Polizist*innen


Der Sportsoziologe Prof. Dr. Jürgen Schwark hat in seiner Gutachterlichen Äußerung zum Stadionneubau schon darauf hingewiesen, dass „das dominante Abtauchen in die Welt und Identität als Fan, Ultra oder Hooligan auch persönlichkeitshemmende Ausmaße annehmen“ kann.


Ein Mitglied der Bürgerinitiative KeinStadionBau hatte daher im Juni 2023 im Jugendausschuss Einwohnerfragen zum Fanprojekt und den Ausbau der Präventionsmaßnahmen gegen Gewaltentwicklung gestellt. Die - leider unvollständige - Antwort der Stadtverwaltung:

… dafür gebe es zwei Vollzeitstellen. ... Eine Ausweitung des Personalbestands sei derzeit nicht vorgesehen. Aufgrund des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst seien höhere Personalkosten im bestehenden Personalumfang zu veranschlagen. Ein Zusammenhang zwischen Stadionneubau und einer Ausgabenerhöhung für die sozialpädagogische Arbeit des Fanprojektes könne nicht nachvollzogen werden.

...

Im Rahmen der Arbeit des Fanprojektes und aus dem Budget des Fanprojektes seien und würden keinerlei alkoholische Getränke angeschafft oder finanziert werden.

...

Ratsherr Adler (Die Linke / Red.) hält die Fragen teilweise für einen Angriff auf das Fanprojekt, die er zurückweise. Die Fragen seien unsachlich. 


Ratsherr Niederstein (Bd. 90/Die Grünen / Red.) kritisiert Ratsherrn Adler für die getätigte Aussage.

Ausschussvorsitzende Eilers-Dörfler (SPD / Red.) bittet, keinen Dialog zu starten.


(Protokoll der Sitzung des Jugendausschusses vom 21. Juni 2023)

Im November 2023 erklärte das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport, dass nach Einschätzung der Polizei die Szene gewaltbereiter und gewaltsuchender Fans im Umfeld des VfB Oldenburg entgegen dem allgemeinen Trend gewachsen ist. Der Anstieg in Oldenburg begründet sich nach Einschätzung des Ministeriums  mit der Zugehörigkeit des VfB zur 3. Liga in der vergangenen Saison (siehe PM zur Antwort des Mnisteriums auf eine Anfrage des Landtagsabgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen, Michael Lühmann).

Fanprojekte sind nur ein unvollkommener Versuch, die sozialen Kosten des Unterhaltungsfußballs zu mindern. Die zwei Mitarbeiter*innen des Oldenburger Fanprojektes müssen einerseits bei gewaltbereiten Fans und Hooligans Vertrauen aufbauen, andererseits sind sie gemäß ihres Dienstvertrags verpflichtet, Straftaten zu melden, wenn sie davon erfahren. Dieser Zwiespalt macht die Arbeit schwierig und eigentlich unzumutbar. 


Zum Unterhaltungsfußball gehört leider auch ein immenser Aufwand, um die Sicherheit im Stadion zu gewährleisten, was aber die gewaltsamen Auseinandersetzungen fern der Polizei nicht verhindert. 


Fußballspiele der ersten bis dritten Liga führen … zu 21,5 Prozent mehr Gewalttaten, als an den jeweiligen Wochentagen sonst zu erwarten sind“, sagt Helmut Rainer, Leiter des ifo Zentrums für Arbeitsmarkt- und Bevölkerungsökonomik. Für den vom ifo Institut betrachteten Zeitraum von 4,5 Jahren schätzt das Institut die Zahl auf 38.268 einfache Körperverletzungen im Zusammenhang mit Fußball. Das verursacht Kosten von rund 194 Millionen Euro bei der Polizei, den Staatsanwaltschaften, bei den Gerichten, durch Verdienstausfall und durch Krankenbehandlungen. 


Fazit: Im Vergleich zur Regionalliga nimmt, laut Auskunft des Niedersächsischen Innenministeriums, durch Drittligafußball die Zahl gewaltbereiter und gewaltsuchender Fans zu. Der Oberbürgermeister und viele Mitglieder des Rates sind der Ansicht, dass die Stadt Oldenburg ein Fußballstadion mit zwei Millionen Euro im Jahr bezuschussen kann, um dem gewerblichen Fußball die 3. Liga zu ermöglichen. Dieselben Politiker*innen sind auch der Meinung, dass die Präventionsmaßnahmen gegen Gewalt nicht ausgebaut werden müssen.


Die sozialen Kosten zu ignorieren hat schlimme Folgen. Es ist Aufgabe der Stadtverwaltung und des Rates, sich um die Menschen zu kümmern, nicht um den gewerblichen Fußball!


Nutzungsoptionen: Synergiepotenziale

CSIGHT gibt den 747 Parkplätzen, die für das Stadion mit 7.500 Plätzen geplant sind, ein Synergiepotenzial von 100 Prozent. Das ist schlicht unsinnig und zeugt von Unkenntnis der örtlichen Gegebenheiten (mehr dazu unter dem Punkt „Parkgebühren geklaut“ unten).


An der „Sport- & Freizeitmeile Maastrichter Straße” steht auch die Berufsbildende Schule III – gleich daneben sind die Trainingszentren der EWE-Baskets und der Fußballer*innen des VfB Oldenburg von 1897. Gleichwohl geben die Hamburger Unternehmensberater hier einem ebenfalls angedachten „Sportinternat“ nur einen Synergie-Score von 17,2 / 21,7 (79 Prozent) und einem „Oldenburger Sportzentrum“ gar nur 66 Prozent (S.37). 


Außerdem gibt CSIGHT dem in Oldenburg fehlenden Sportinternat (5,1) nicht ein Drittel des Bedarfsscores, wie für die zusätzlichen Parkflächen (18), die dort an den meisten Tagen des Jahres im Überfluß vorhandenen sind (S.34). Das erscheint widersinnig.


Da die Sportmöglichkeiten an der Maastrichte Straße sehr auf Fußball und Basketball eingeengt sind, wäre ein Sportzentrum oder ein Sportinternat, ähnlich wie das Sportinternat Chemnitz, natürlich besser näher bei unserem Mehrzweckstadions am Marschweg und dem OLantis angesiedelt, von wo auch der Oldenburger Ruderverein schnell zu erreichen ist. 


Fazit: Die Annahmen, die den Scores des Nutzungs- und Betriebskonzeptes zugrunde liegen, führen zu Ergebnissen, die zum Teil die lokalen Bedingungen nicht berücksichtigen, zum Teil einfach darauf nur ausgelegt sind, die Einnahmen der VfB Oldenburg Fußball GmbH zu maximieren. Eine solche „Beratung“ sollte nicht mit öffentlichen Mitteln finanziert werden.


Heimspielstätte der VfB Oldenburg Fußball GmbH

Die Darstellung ist falsch, denn hier geht es überhaupt nicht um Vereinssport. Im Drittliga-Stadion werden die Vereins-Amateure des VfB Oldenburg von 1897 e.V. nicht spielen. Es geht um den Unterhaltungsfußball der VfB Oldenburg Fußball GmbH, einem kommerziellen Gewerbe.


Zu den Stärken der Nutzung durch die Berufskicker zählt CSIGHT „stabile Erlöse”. Das ist unglaubwürdig (die Mär wird auf Seite 96 nochmal wiederholt), weil 70 Prozent der Nutzungsgebühren von der Zahl der Zuschauer*innen abhängig ist, die je nach Liga-Glück, extrem variiert


Ein Stadion stellt eine riesige Vorab-Investition dar, für die die Stadt Oldenburg bürgen wird. Die Drittliga-Zulassung des Stadions kann nur von einem einziger Abnehmer wirtschaftlich genutzt werden, nämlich der VfB Oldenburg Fußball GmbH. Dieses Unternehmen des Unterhaltungsfußballs investiert aber alle seine Einnahmen, um bessere Fußballer einzuwerben und steht daher, wie etwa die Hälfte der Drittliga-Fußballfirmen, die meisten Jahre am Rande der Insolvenz. Die VfB Oldenburg Fußball GmbH kann also mit jedem Jahresabschluss beweisen, dass sie sich das teure Entgelt von 516.000 Euro für die Stadionnutzung eigentlich nicht mehr leisten kann und dagegen mehr vom „Erlös-Kuchen” des Stadions behalten muss, um die Firma vor dem Konkurs zu bewahren.


Business Seats und Logenplätzen sollen jährlich 1,2 Millionen Euro einspielen

Die Erlöse aus den Heimspielen der VfB Oldenburg Fußball GmbH sind illusorisch. CSIGHT nennt denn auch keine Vergleichszahlen zu den Umsätzen für die 400 Business Seats zu je 2.000 Euro und die 135 Logenplätze zu je 3.000 Euro im Jahr.


CSIGHTs Zahlen zeigen aber, wofür Oberbürgermeister Krogmann ein zweites Stadion bauen will: Die VIP-Sitze sollen jährlich 1,2 Millionen Euro einbringen – da klingelt die Kasse beim Berufsfußball (S.66).


CSIGHT schreibt die 1,2 Millionen Euro allein der VfB Oldenburg Fußball GmbH zu – nichts davon wird die Verluste mindern, für die Oldenburger*innen auf Jahrzehnte hinaus höhere Steuern und Abgaben zahlen werden.

 

Die Erlöse aus Eintritt und Catering basieren auf durchschnittlich 6.508 Besucher*innen pro Spiel (S.66). Solche Zuschauerzahlen erreichte die VfB Oldenburg Fußball GmbH nicht einmal in der 3. Liga. Derzeit liegt der Durchschnitt um die 3.000. 


Fazit: Die Zahlen sind um Faktor 2 geschönt.


Der Eintritt wird mit durchschnittlich 16 Euro pro Zuschauer*in angesetzt. Das erscheint uns viel, denn es entspricht derzeit dem Preis für die zweitteuerste Dauerkarte für Nichtmitglieder ohne Ermäßigung. Aktuell gibt es vier Preisstufen für Dauerkarten, die Preise für Nichtmitglieder ohne Ermäßigung starten bei 138 Euro (7,26 Euro pro Spiel). Tageskarten für Begegnungen der VfB GmbH im Marschweg kosten ab 10 Euro (ohne Ermäßigung). 


In der Machbarkeitsstudie von ProProjekt wurde angegeben, dass zusätzlich zu dem mitgebrachten Bier der durchschnittliche Stadionbesucher pro Besuch zwei Biere, ein Wasser und zwei Bratwürste im Stadion erwirbt: „Somit ergeben sich für eine gesamte Saison Bruttoumsätze durch den Speise- und Getränkeverkauf von ca. 550.000 EUR in der 3. Liga und 230.000 EUR in der Regionalliga” bei 10.400 PAX (Quelle: ProProjekt Machbarkeitsstudie Stadionneubau 2017, Seite 258).


CSIGHT versteckt die Bruttoumsätze auf Seite 66 unter „01.13 Catering-Erlöse Public Catering”. Im Basisstation mit nur 7.500 Plätzen wird ein Catering-Umsatz pro Event von 48.806 Euro angesetzt. Bei 19 Spielen ergibt das Bruttoumsätze von 927.314 Euro. Im Stadion mit 10.000 Plätzen soll das Catering bei 19 Spielen eine knappe Millionen Euro umsetzen. Das sind beeindruckende 45 Prozent mehr als im 3. Liga-Szenario, wie es von ProProjekt noch vor wenigen Jahren vorgestellt wurde, und das galt schon als „Auftragsgutachten”. 


Erlöse

ProProjekt erstellte im Jahr 2022 eine weitere Machbarkeitsstudie für den Stadionneubau. Dort wurden für die 3. Liga die Erlöse des Betreibers auf Seite 42 angeführt. Wir vergleichen das mit den CSIGHT Zahlen von Seite 66.


Erlöse für die VfB Oldenburg Fußball GmbH

VfB GmbH PROPROJEKT CSIGHT 6508x
Ticketing 1.050.000 € 1.780.452 €
Business Seats (500) 800.000 €
Logen 405.000 €
Hospitality 1.600.000 € 760.397 €
Summe VfB GmbH: 2.650.000 € 3.745.849 €

Bei CSIGHT stiegen dank Business-Seats und Logen die projizierten Erlöse für die VfB Oldenburg Fußball GmbH gegenüber der zweiten Machbarkeitsstudie von ProProjekt um satte 29 Prozent; für den Betreiber bzw. die Steuerzahler*innen dagegen nur um bescheidene sieben Prozent. Eine Beteiligung an den Erlösen aus den Übertragungslizenzen erwähnen die Unternehmensberater nicht, obwohl die Steuerzahler*innen der VfB Oldenburg Fußball GmbH das Fernseh-Flutlicht bezahlen.


Erlöse für den Eigenbetrieb der Stadt Oldenburg

Betreiber PROPROJEKT CSIGHT 6508x Real 3000x
Entgelt Nutzer/Verein (fest) 360.000 € 152.000 € 152.000 €
Ticketing n.n. 197.828 € 91.193 €
Catering 120.000 € 166.917 € 76.944 €
Summe Betreiber 480.000 € 516.745 € 320.137 €

Das eigentliche Problem ist, dass bei dem von der Unternehmensberatung des Sportbusiness vorgestellten Modell das feste Entgelt gesenkt wurde. Nun sind weniger als ein Drittel statt bisher drei Viertel der Erlöse unabhängig von der Zahl der Zuschauer*innen, da die Konzessionen aus Ticketing und Catering nun 70 Przent des Entgelts für die Stadionnutzung ausmachen. Die durchschnittliche Zahl der Besucher*innen wurde mit 6.508 angesetzt. Da derzeit im Schnitt nur knapp 3.000 kommen, sinken die Erlöse unter reellen Annahmen bzw. wächst allein dadurch das Defizit schon um rund 200.000 Euro. Da aber die Pro-Kopf-Umsätze fürs Catering auch schon mächtig übertrieben sind, wird der Catering-Erlös bei 3.000 Zuschauern noch um mindestens 48 Prozent oder weitere 37.000 Euro geringer ausfallen


Bei einem festen Nutzungsentgelt von 152.000 Euro wird die VfB Oldenburg Fußball GmbH nachverhandeln. Beim Vergleichsfall Chemnitzer FC wurde der Pachtzins sieben Jahre nach Einweihung des Fußballstadions von 180.000 auf 30.000 Euro gesenkt. In der Summe übertreibt CSIGHT bei den Heimspiel-Erlösen um wahrscheinlich 359.000 Euro.


Stadionentgelt im Vergleich mit dem Marschweg-Stadion

Ein Mitglied der Bürgerinitiative KeinStadionBau hatte per Einwohnerfrage an den Ausschuss für Finanzen und Beteiligungen erfahren wollen, welches Entgelt die VfB Oldenburg Fußball GmbH für die kommerzielle Nutzung des Marschweg-Stadion zahlt. 


Stadtkämmerin Dr. Figura verweist zur Frage nach dem Mietverhältnis der Stadt Oldenburg mit dem VfB Oldenburg auf die Geschäftsordnung des Rates der Stadt Oldenburg. Grundstücksangelegenheiten einzelner, worunter auch Mietverhältnisse zu fassen seien, dürften nach der Geschäftsordnung nicht öffentlich behandelt werden.“ (Sitzungsprotokoll)

Damit verstößt die Stadt Oldenburg gegen Artikel 55 VERORDNUNG (EU) Nr. 651/2014 DER KOMMISSION vom 17. Juni 2014:

5.   Wenn eine Infrastruktur von Profisportvereinen genutzt wird, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Nutzungspreise und -bedingungen öffentlich bekanntgemacht werden.“

Da die Zahlen im Nutzungs- und Betriebskonzept sich eindeutig auf die 3. Liga beziehen, kann es natürlich auch sein, dass die Fernsehlizenz-Konzession für den Stadionbetreiber sich in der sogenannten Miete versteckt: Das würde wahrscheinlich dazu führen, dass die sogenannte Miete in der Regionalliga, also im Normalfall, entfällt, weil die Übertragungslizenz-Gelder auch entfallen. Das führt zu weiteren 152.000 Euro Defizit, die Oldenburg dann bei Straßensanierungsarbeiten, Nachhaltigkeit, Schulgebäuden und anderem einsparen muss


Luftaufnahme des Heinz-Dettmer-Stadion in Lohne. 
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Fazit: Den Anspruch auf ein Drittliga-Stadion mit Rasenheizung, Business-Seats, Logen und VIP-Lounge versucht CSIGHT mit Bildern von Begegnungen der VfB Oldenburg Fußball GmbH zu illustrieren. Das obere von CSIGHT verwendete Bild (Nutzungs- und Betriebskonzepts, S.41) zeigt die VfB Oldenburg Fußball GmbH, wie sie im Krombacher-Pokal-Spiel am Blau Weiß Lohne in deren Heimspielstätte, dem Heinz-Dettmer-Stadion scheitert. Das Leichtathletikstadion mit Laufbahn, aber ohne Rasenheizung, fasst nur 6.000 Zuschauer*innen (siehe Bild oben) – da sind Oldenburgs Berufsfußball am Marschweg (S.41, zweites Bild) gegenüber Mitbewerbern wie dem Blau Weiß Lohne im Vorteil. Warum die Unternehmensberater gerade den BW Lohne als Beispiel nutzen, verwundert: 11 Prozent der dortigen Bevölkerung sind Mitglied, zwanzigmal soviel wie Oldenburger*innen beim VfB (ungefähr 0,5 Prozent). 


Der Abgleich der Bilder zeigt, dass Oldenburg überhaupt kein zweites Stadion braucht, was es sich ohnehin nicht leisten kann.


Sekundärnutzungen

Jugendländerspiele

Bei der Sekundärnutzung „Jugendländerspiele” stellt CSIGHT so eine Fußballveranstaltung alle zwei Jahre in Aussicht (S.42). Mit nur 1.330  Euro, die die Veranstaltung zur Deckung der Stadionkosten beitragen soll, geht es hier wohl eher darum, auf Krampf Nutzungen über den Berufsfußball hinaus zu finden.


Wir fragen uns, warum Jugendländerspiele in Oldenburg bisher nicht schon jetzt alle zwei Jahre, wie CSIGHT es avisiert, ausgetragen wurden, sondern nur etwa alle 20 Jahre (oder seltener)? Am Marschweg-Stadion kann es nicht liegen – hier spielte 2004 die U18-Auswahlmannschaft Deutschlands gegen von Frankreich. Egal wie, letztendlich fehlen die von CSIGHT für Jugendländerspiele angesetzten 1.330 Euro bei Oldenburgs schon vorhandenen Stadion und daher tragen sie nicht zur Wirtschaftlichkeit bei.

Wir fragen uns, warum Jugendländerspiele in Oldenburg bisher nicht schon jetzt alle zwei Jahre, wie CSIGHT es avisiert, ausgetragen wurden, sondern nur etwa alle 20 Jahre (oder seltener)? Am Marschweg-Stadion kann es nicht liegen – hier spielte 2004 die U18-Auswahlmannschaft Deutschlands gegen von Frankreich. Egal wie, letztendlich fehlen die von CSIGHT für Jugendländerspiele angesetzten 1.330 Euro bei Oldenburgs schon vorhandenen Stadion und daher tragen sie nicht zur Wirtschaftlichkeit bei.

Dieses Bild zitiert das von der ©Stadt Oldenburg veröffentlichte Nutzungs- und Betriebskonzept.

Die „Fachleute von CSIGHT“ bebildern die Seite mit einem offenbar nicht lizenzierten Foto, dass Paul Greenwood BPI  bei der UEFA-U17-Europameisterschaft in einer Spielstätte der Universität Loughborough aufgenommen hat. Die kleine Spielstätte hat weder eine Rasenheizung, noch drittliga-taugliches Flutlicht; sie bietet Platz für nur 3.000 Zuschauer*innen. 

Die obere Text-Bild-Schere zeigt ein U17-Jugendländerspiel im Herbert-Dröse-Stadion im Jahre 2022. Hier handelt es sich um ein Leichtathletikstadion in Hanau aus dem Jahre 1951. Es ist nicht ganz so attraktiv, wie das gleichalte Marschweg-Stadion, bestätigt aber unsere Annahme, dass Jugendländerspiele, ob sie nun alle zwei oder alle 20 Jahre stattfinden, genauso gut mit der in Oldenburg schon vorhandenen Sport-Infrastruktur durchgeführt werden könnten, wenn das denn gewünscht wäre.


Sonstige Fußballspiele

Auf Seite 43 möchten die Unternehmensberater offenbar jährlich zwei Veranstaltungen aus dem Marschweg-Stadion in das Drittliga-Stadion verlegen. Es geht um einzelne Spieltagevents, wie Pokalspiele oder Turniere, die lokale Vereine auch jetzt schon in Oldenburg ausrichten.


Auch hier werden Hamburger Preise angesetzt: 4.658 Tickets zu je 12 Euro sollen die Veranstalter dabei an einem Spieltag-Event einnehmen, in der Summe 55.896 Euro. Davon sollen die Vereine zehn Prozent an den Stadionbetreiber abgeben. Hinzu kommt noch das Public Catering zu durchschnittlich 7,50 Euro pro Kopf mit 18 Prozent Konzession (S.69). 


Eine Beispielrechnung: 

Mama spielt im Stadion Fußball und Papa, Tochter und Sohn schauen zu. Dafür gibt der Papa dann 58,50 Euro aus – zumindest in der Welt von Unternehmensberatern aus Hamburg.


Fazit: Da die Veranstaltungen nur aus dem Marschweg-Stadion umverlegt werden, fehlen die von CSIGHT fantasierten 29.743 Euro letzlich dem städtischen Haushalt an anderer Stelle.



American Football

Noch im Februar 2023 hatte der GFL Zweitligist Knights einen möglichen Wechsel aus dem Marschweg-Stadion ausgeschlossen. Danach entschied die Stadt Oldenburg, das Stadion am Marschweg mit größeren Sitzschalen und fest verbautem Flutlicht auszustatten. Der Dezernent für Kultur- und Sport, Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD), hielt es aber offenbar nicht für notwendig, eine Anzeigetafel und Platz für die Ausrüstung der Footballer zu schaffen. Die 3,8 Millionen Euro Steuergeld sollten nur der Anpassung an die Regeln des Deutschen Fußballbundes (DFB) dienen. Am American Football zeigte der Oberbürgermeister erst dann Interesse, als es darum ging, das von ihm angestrebte Drittliga-Stadion durch Sekundärnutzungen zu rechtfertigen (S.44).

oeins aktuell, Stadionkonzept & mehr vom 15. Dez. 2023.

Die Sportförderrichtlinien der Stadt Oldenburg sehen für die Stadionnutzung derzeit ein Entgelt in Höhe von fünf Prozent der Brutto-Eintrittsgelder vor (für Sportveranstaltungen mit bis zu 3.000 Besuchern). Darunter fallen auch die Veranstaltungen der Knights im Marschweg-Stadion. 


Für ein Spiel im Drittliga-Stadion setzt CSIGHT aber im Schnitt 6.078 Zuschauer*innen an, wodurch sich der Satz auf zehn Prozent der Brutto-Eintrittsgelder verdoppelt. Für die Nutzung des Drittliga-Stadion rechnet die Auftragsstudie aber noch 6.000 Euro Miete drauf (S.74). Unter diesen Bedingungen kann sich die „GO.KNIGHTS FOOTBALL GmbH“ die Nutzung gar nicht leisten. 


Die Pflege des Rasens für den Drittliga-Fußball kostet jährlich über 100.000 Euro. Die Rasenpflege würde durch American Football noch teurer. Trotz der Bemühungen der Stadion-Befürworter erscheint es unwahrscheinlich, dass American Football und Drittliga-Fußball sich dauerhaft ein Stadion teilen werden. Im Finanzausschuß erfuhren wir, dass hier ein Stadion mit Mannschaftsräumen, Umkleiden und Sanitäranlagen gar nicht für Football Teams von ca. 50 Spielern – sondern nur für halb so große Fußball-Kader geplant wird.

Dieses Bild zitiert das von der ©Stadt Oldenburg veröffentlichte Nutzungs- und Betriebskonzept. Das Obere Bild haben wir ersetzt, weil die Urheberrechtsfrage des von CSIGHT verwendeten nicht klären konnten.

Tailgate Party

An den Weser-Ems-Hallen gibt es genug Platz für eine richtige Tailgate-Party, wie sie Theodor Bräutigam, Geschäftsführer der GO.KNIGHTS Football GmbH, wünscht. Tailgating ist eine vor allem in Nordamerika im Zusammenhang mit Football beliebte Art von Zusammenkunft, wo tausende Menschen auf Stadion-Parkplätzen an der Heckklappe ihres SUV grillen, Fleisch verzehren und alkoholische Getränke konsumieren. Tailgate Parties dienen der besseren Vermarktung des American Football als Event. In Donnerschwee werden solche amerikanischen Feste an der deutschen Lärmschutzverordnung scheitern, zumal die Befürworter ja nicht müde werden zu behaupten, dass die allermeisten Zuschauer*innen nicht mit dem privaten PKW, sondern mit dem Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen werden. 

Tailgate Party. Bild von Ali Eminov unter Creative Commons non-commercial license.

Wenn eine solche Amerikanisierung nicht nur von der GO.KNIGHTS Football GmbH, sondern auch von einer Mehrheit im Rat der Stadt Oldenburg gewünscht sein sollte, müsste das Stadion an Oldenburgs Peripherie geplant werden und nicht an einem Wohngebiet. 


Fazit: Der von CSIGHT angesetzte Deckungsbeitrag aus American Football scheint um den Faktor fünf höher als die fünf Prozent der Eintrittsgelder, die die Knights derzeit für ihre Sportveranstaltungen im Marschweg-Stadion abführen. Die Stadt und der Ex-Trainer Benjamin Duda haben die Stadionpläne mehrfach mit Chemnitz verglichen. Der GFL Viertligist Chemnitz Crusaders ist nicht im Stadion an der Gellertstraßen daheim, sondern auf dem „Usti Field“. Die Initiative Nordweststadion nennt USV Halle Falken als Beispiel für American Football in einem Drittliga-Stadion – auch in Halle ist das nur die Ausnahme, denn die Heimspielstätte dieser GFL Landesliga-Ost Mannschaft ist das Falkenfield, nicht das Leuna-Chemie-Stadion. Wahrscheinlich beneiden sowohl die Halle Falken wie die Chemnitz Crusaders die VFL Knights um das Marschweg-Stadion.


Konzerte & Entertainment 

scheitern am gesetzlichen Lärmschutz

Für Konzerte und Entertainment rechnen die Hamburger 35 Euro für den Eintritt und 12 Euro fürs Catering, also durchschnittlich 47 Euro pro Besucher*in. Zu Preisen einer Weltstadt sollen zwei Veranstaltungen in Oldenburg zusammen 47.000 Euro für das Stadion einbringen (S.77).


Aber auch bei Konzerten und Entertainment wird der DFB-Drittliga-Rasen zum Problem. Selbst die Unternehmensberater aus Hamburg gehen von nur zwei Events im Jahr aus - und das ist schon sehr optimistisch. 


Die Anwohner*innen in Donnerschwee leiden bereits an zehn Tagen im Jahr unter dem Lärm vom Kramermarkt und demnächst an 20 weiteren Tagen unter dem Fußballlärm von Heimspielen der VfB GmbH. Das erfüllt die Voraussetzungen, dass die Stadt einer Lärmschutzklage betroffener Anwohner*innen unterliegen wird – auch wenn das Drittliga-Stadion dann bereits steht. 


Ratsherr Jonas Höpken (Die Linke) erinnerte sich am 6. Dezember 2023 im Finanzausschuss daran, dass Tina Turner einst in der Weser-Ems-Halle ein Konzert gab und äußerte die Hoffnung, dass so etwas in Oldenburg wieder stattfinden könnte, wenn es ein kleines Fußballstadion gäbe. Vor 33 Jahren
waren Tourneen noch ein Lockmittel, mit dem die Alben der Stars beworben wurden. Als aber die Einnahmen aus Musikaufnahmen und Tonträgern einbrachen, lockten die Stars mit immer aufwendiger gestalteten Produktionen das Publikum in Großkonzerte. Dafür mussten die Ticketpreise steigen und die Konzertveranstaltungen immer größer werden. Daher finden Konzerte großer, internationaler Namen nur in den größten Städten und Ballungszentren statt, nicht in Oldenburg.


Die Initiative Nordweststadion wirft den Namen Herbert Grönemeyer in die Stadionkonzerte-Debatte. Im Jahr 2023 trat Herbert Grönemeyer nur in geschlossenen Arenen auf, die im Schnitt 15.989 Zuschauer*innen fassen:

Stadt Herbert Grönemeyer 2023 PAX Bauform Zweck
Kiel Wunderino-Arena 13500 geschlossen Handball
Hamburg Barclays Arena 19000 geschlossen Basketball
Dortmund Westfalenhalle 15380 geschlossen Veranstaltungszentrum
Berlin Mercedes-Benz Arena 17000 geschlossen Mehrzweckhalle
Hannover ZAG Arena 14000 geschlossen Eishockey
München Olympiahalle 15500 geschlossen Mehrzweckhalle
Köln Lanxess Arena 20000 geschlossen Multifunktionshalle
Mannheim SAP-Arena 15000 geschlossen Multifunktionshalle
Stuttgart Hans-Martin-Schleyer-Halle 15500 geschlossen Mehrzweckhalle
Wien Stadthalle Halle D 16000 geschlossen Veranstaltungshalle
Zürich Hallenstadion ARENA 15000 geschlossen Mehrzweckhalle
DACH Durchschnitt 15989

Für Herbert Grönemeyers Stadion-Tournee 2024 ist die kleinste deutsche Konzertstätte die Waldbühne in Berlin. Diese fasst mit 22.290 Plätzen mehr als doppelt so viele Zuschauer*innen, wie das von Oberbürgermeister Krogmann geplante Drittliga-Stadion, was den oben genannten Trend zu immer größeren Konzert-Venues bestätigt.

©Economist

Auch beim Thema „Konzerte” werden Ideen aufgelistet, die so nicht funktionieren. CSIGHTs eigene Rechnung kommt bei einem Ticketpreis von 35 Euro auf einen brutto Gesamtumsatz von 270.000 Euro pro Konzert. Dafür kommen keine international großen Namen nach Oldenburg. Der kanadische Rapper Drake erzielt pro Auftritt Einnahmen von im Schnitt vier Millionen Dollar. Tourneen von Beyoncé oder Taylor Swift bewegen schon mal mittlere Volkswirtschaften („Can superstars like Beyoncé or Taylor Swift spur inflation?“) – pro Konzert erzielt Ms Swift Bruttoerlöse von 9,5 Millionen Dollar (siehe Grafik). 


Mittelgroße Konzerte von PUR, Santiano, Roland Kaiser oder Manowar werden auch weiterhin in Oldenburg stattfinden, wie gehabt nebenan in der geschlossenen Großen EWE Arena mit Mehrzweckboden. Da stört der Regen kein Konzert und die Anwohner*innen keine Musik – so ähnlich hat es auch Herbert Grönemeyer bei seinen Konzerten 2023 vorgemacht. 


Das obere, von CSIGHT genutzte Beispielbild hat ©Michael Schmidt beim Adventskonzert  im Rudolf-Harbig-Stadion aufgenommen. Es ist günstiger, diese Veranstaltung auf dem Multifunktionsboden von einer der EWE Arenen abzuhalten und außerdem wetterunabhängig. Das untere Bild entstand beim Public Viewing der Fußball-Weltmeisterschaft im Stadion An der Alten Försterei. Die Heimspielstätte des 1. FC Union Berlin ist mit 22.000 Plätzen das größte reine Fußballstadion der Deutschen Hauptstadt und mit dem von Oberbürgermeister Krogmann angestrebten Drittliga-Stadion nicht ansatzweise vergleichbar.

Dieses Bild zitiert das von der ©Stadt Oldenburg veröffentlichte Nutzungs- und Betriebskonzept.

Fazit: Aufgrund der lokalen Gegebenheiten in Donnerschwee werden Konzerte und Entertainment gar nicht zur Kostendeckung beitragen, zumal das Drittliga-Stadion keine zusätzlichen Events nach Oldenburg ziehen kann.


MICE soll’s richten

Die Stadtverwaltung verkündet auf ihrer Webseite: „Eine wichtige Einnahmequelle kann laut Konzept die Nutzung der so genannten Hospitality-Flächen darstellen. Dazu gehören Logen und Business-Club, die sich außerhalb der Spieltage für MICE-Veranstaltungen eignen. 


MICE steht in der Sprache der Sportbusiness-Berater für Meetings, Incentives, Conferences & Exhibitions. CSIGHT behauptet, dass diese MICE-Events rund 200.000 Euro zur Kostendeckung beitragen könnten (S.79). Die Unternehmensberater machen wenig realistische Vorschläge, wie dabei Konkurrenz zur Weser-Ems Halle Oldenburg GmbH & Co. KG vermieden werden soll (S.46). Daher ist davon auszugehen, dass hier überwiegend Umsätze von einem defizitären Eigenbetrieb der Stadt (W-E-H.) zu einem anderen (Drittliga-Stadion) verschoben werden sollen. 



Um zu erfahren, was bei Großevents verdient wird, haben wir einen der erfolgreichsten Restaurantbetreiber Oldenburgs gefragt. Er rechnet mit einem Pro-Kopf-Umsatz von etwa 80 Euro bis 100 Euro und einem Deckungsbeitrag von nur zehn Prozent, also etwa neun Euro pro Gast. Wenn auf diese Art und Weise die prophezeiten, fast 200.000 Euro eingespielt werden sollten, müssten dazu 21.600 Gäste im Jahr bewirtet werden. 

Die Hamburger Unternehmensberater glauben, dass das Geld mit nicht halb so vielen Besuchern erwirtschaftet werden könnte. Sie gehen davon aus, dass eine Miete von durchschnittlich 22,53 Euro pro Gast bezahlt werden könnte und erwarten einen Catering-Erlös von 62,70 Euro pro Person mit Konzession von zehn Prozent (s.o.). In der Summe kommt CSIGHT auf einen mehr als doppelt so hohen Deckungsbeitrag von 20,45 Euro pro Kopf aus MICE Events. In Oldenburg ist nur halb soviel realistisch und mindestens die Hälfte davon ist ein Verdrängungsgeschäft für die etablierte Gastronomie, was zu weiteren 150.000 Euro Verlust für den Betreiber führt, die die Steuerzahler*innen auszugleichen haben.

Wer bis Seite 61 weiterliest, erfährt dann auch, dass die MICE-Ideen nicht fruchten werden. Dort geben die Unternehmensberater unumwunden zu, dass es nur um ein „begrenztes klassisches Drittveranstaltungsgeschäft“ geht, da das „MICE Geschäft primär durch [die] Weser-Ems-Hallen abgedeckt“ ist. KeinStadionBau warnt, dass MICE mit der schon vorhandenen Infrastruktur konkurriert und wir Steuerzahler*innen entsprechend größere Verluste ausgleichen müssen. 


Interessant sind die Beispielbilder, die der Oberbürgermeister an die Mitglieder des Rates und der Presse verteilt hat. In beiden Fällen handelt es sich um Stadien, bei deren Bau die jeweilige Stadt nur einen relativ kleinen Teil der Kosten übernommen hat – während Oberbürgermeister Krogmann (SPD) darauf drängt, dass die Oldenburger der VfB GmbH das Fußballstadion komplett finanzieren.

Dieses Bild zitiert das von der ©Stadt Oldenburg veröffentlichte Nutzungs- und Betriebskonzept.

Das untere Bild zeigt die MERKUR-SPIEL-ARENA (©Kenny Beele). Der Düsseldorfer Luxus ist überhaupt nicht vergleichbar mit den Plänen für das Oldenburger Drittliga-Stadion. Zum Beispiel hat das Düsseldorfer Stadion ein Dach und eine Heizungsanlage, was die Baukosten auf schwindelerregende 218 Millionen Euro getrieben hat. Interessanterweise kam von dieser riesigen Summe weniger als die Hälfte aus öffentlichen Mitteln. 


Das obere Bild (©TNC mice & nice GmbH) zeigt die Eventlocation Stadionblick in Leipzig. Für den Neubau dieses Stadions steuerte allein der Mäzen Michael Kölmel 44 Millionen Euro bei, die Stadt Leipzig weniger als ein Viertel. 


Fazit: Warum sollte je ein Mäzen 44 Millionen Euro vom Erbe seiner Kinder im Bau eines Fußballstadions versenken, wenn es andernorts die Steuerzahler*innen tun?


Einnahmen aus Logen und Business Seats

Spätestens bei den Angaben zu Logen & Business Seats wird den aufmerksamen Leser*innen deutlich, dass CSIGHT’s Ideensammlung nur die 3. Liga zugrunde legt. Die niedrigeren Einnahmen in der Regionalliga, in der die VfB Oldenburg Fußball GmbH in 19 der vergangenen 20 Spielzeiten unterwegs war, sind hier nicht berücksichtigt.


Die VfB Oldenburg Fußball GmbH wird 650 VIP-Seats kaum an private Abnehmer zum vollen Preis verkaufen können. Den vielleicht angedachten Ausweg eines Bundle-Angebots für die 125 Sponsoren versperrt das Steuerrecht. Dass Unternehmen Sponsorengelder als Werbemaßnahmen steuerlich absetzen, sieht das Finanzamt kritisch, wenn z.B. der Unternehmer dafür auch Sekt in der VIP-Lounge schlürfen und dem Spiel zuschauen darf. Als Werbemaßnahme werden die Sponsorenpakete mit VIP-Logen und sogenannten Business-Seats nur mit einem Anteil von 40 Prozent vom Finanzamt anerkannt. Die restlichen 60 Prozent können beim Empfänger zu einer Versteuerung führen (BMF, Schreiben vom 22. August 2005 - IV B 2-S 2144-41/05 - BStBl I 2005, 845). 

Wer hier anderes behauptet, befördert Steuerhinterziehung. In der Summe der von CSIGHT angegebenen Zahlen geht es hier in Oldenburg um jährlich 1,2 Millionen Euro.


Fazit: Das wirtschaftliche und steuerliche Modell der VIP-Kapazität ist höchst fragwürdig. Es ist aber völlig inakzeptabel, dass die Stadt Oldenburg, die es nicht schafft, Gebäude für die gesetzliche Kinder-Ganztagsbetreuung vorzuhalten, gleichzeitig einem Gewerbe des Unterhaltungsfußballs VIP-Plätze baut und überlässt.



Gesellschaftliche Großevents 

Die gesellschaftlichen Großevents markieren die Unternehmensberater als einzige Nutzung mit “Mehrwert für die breite Bevölkerung”. Ihre Fantasie reicht für zwei Veranstaltungen pro Jahr, für die sie drei Beispiele geben. Dass Gesundheitstage in Oldenburg eher ein Stadion, als die Messehalle der Weser-Ems-Hallen nebenan füllen würden, wagen wir zu bezweifeln. 


Interessanter sind die Beispielbilder:

Dieses Bild zitiert das von der ©Stadt Oldenburg veröffentlichte Nutzungs- und Betriebskonzept.

Das untere Bild hat ©Thomas Lohnes (epd-bild) bei der Abschlussfeier des Kirchentages 2019 im Dortmunder Stadion aufgenommen. Kirchentage finden bundesweit nur alle zwei Jahre statt und Oldenburg fehlt als Austragungsort schlicht die verkehrliche Anbindung. Weil es in Oldenburg noch nie Gottesdienste im Stadion gab, haben wir bei den großen Kirchen nachgefragt, die sich nicht vorstellen können, „wer das wollen würde”. Im Marschweg-Stadion wäre es schon lange möglich gewesen, wurde in Corona-Zeiten sogar einmal angedacht, aber rasch wieder verworfen. Wir verwerfen es auch.

Das obere Beispielbild hat ©Tilo Wiedensohler beim Einlauf des Barmer Women's Run 2016 in das Olympiastadion in Berlin gemacht. Das Olympiastadion ist zehnmal größer und hat natürlich eine Laufbahn. Ein kurzer Video-Clip von Barmer Women’s Run 2016 erklärt so einen Stadioneinlauf besser: {clip Video}. Natürlich könnte die Stadt die Läufer*innen auch über einen abgedeckten Drittliga-Rasen oder den schmalen Rand daneben „einlaufen” lassen. Aber wer würde so etwas machen wollen, wenn Oldenburg doch ein Stadion mit Laufbahn hat? 

Fazit: Keine dieser Ideen zu gesellschaftlichen Großevents hat Bestand, was der Stadiongesellschaft ohnehin nur 6.234 Euro sparen sollte, denn laut CSIGHT sind gesellschaftliche Großevents ein Verlustgeschäft. 


Geschäftsstelle der VfB Oldenburg Fußball GmbH 

Das Drittliga-Stadion soll auf 360 Quadratmetern auch Platz für derzeit 20 Mitarbeiter*innen der VfB Oldenburg Fußball GmbH bieten. Damit soll das „Stadion als Heimat des VfB Oldenburgs an und außerhalb von Spieltagen“ positioniert werden (S.52). Wir bezweifeln, dass die Stadt eine Kaltmiete von 15 Euro/m² (S.83) erzielen wird. Diese Fläche unter dem Stadion wird wohl kaum ein anderes Unternehmen nutzen wollen; sie liegt zwischen leicht kontaminiertem Erdaushub an zwei Seiten und asphaltierten Parkflächen an den anderen Zweien. Hier werden die Steuerzahler*innen jährlich weitere 30.000 Euro oder mehr zuschießen müssen.

Helle Bürofläche im Stadtteilzentrum Donnerschee. ©immobilienscout24 ASreal REAM GmbH

Für die VfB Oldenburg Fußball GmbH mag es durchaus Sinn machen, ihre Geschäftsstelle in ihr Stadion zu verlegen. Die von CSIGHT veranschlagten 244 Nutzungstage (17 Prozent) zählen natürlich zum Fußballbusiness und helfen Oberbürgermeister Krogmanns Behauptung zu widerlegen, das Drittliga-Stadion werde nicht allein für die VfB Oldenburg Fußball GmbH gebaut. 


Nähe zu den Anhängern

Die Nutzung eines „FANTREFF” im Stadionkörper ist bedenklich. Zu den Fans der VfB Oldenburg Fußball GmbH zählen auch solche, die die Spezialisten der Polizei Niedersachsen als gewaltsuchend” einstufen. Sie sollten den Sicherheitsring des Stadions nicht penetrieren. Die „Positionierung des Stadions als Heimat für Club und Fans“ sehen die Unternehmensberater den Fantreff gleichwohl als wertvoll für das Fußballgeschäft und bitten dafür Sie als Steuerzahler*in zur Kasse. 

Die Hamburger Unternehmensberater setzen für den 150 Quadratmeter großen Fantreff eine „reduzierte“ (so steht es in der Ideensammlung) Kaltmiete von 18.000 Euro pro Jahr an. Nach den Instandhaltungskosten bleibt dem Stadionbetreiber angeblich jährlich ein Erlös von 15.300 Euro – wer es glaubt?



Bei der „Nähe zum Club”  (S. 20) geht es in Wahrheit um die Nähe der Marke „VfB Oldenburg Fußball GmbH” zu ihren Konsumenten. Der Fankontakt ist genauso Teil der Marketingaktivitäten eines Fußballbusiness, wie der Fantreff. Daher darf der VfB Oldenburg Fußball GmbH die „Nähe zu ihren Anhängern“ nicht aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden! 


Fanshop

Auch für die Kaltmiete des 200 Quadratmeter großen Fanshop setzen die Hamburger einen Quadratmeterpreis von 15 Euro an - das sind mindestens 15.000 Euro zuviel im Jahr. Da Leerstand keine Lösung ist, wird die Stadt Oldenburg nachgeben.

Die wirtschaftliche Ausbeutung einer Drittligalizenz dieses Stadions in Kombination mit dem vom DFB verlangten Hausrecht für das gesamte Stadion, plus die Installation eines VfB Oldenburg Fanshops (S.53) und die Parkplätze kombiniert mit der Nutzung als Geschäftsstelle deutet in der Summe darauf hin, dass die Stadt Oldenburg der VfB Oldenburg Fußball GmbH mit dem Stadionbau einen selektiven Vorteil verschafft. Würde die VfB Oldenburg Fußball GmbH, so wie andere Unterhaltungsgewerbe ihre Infrastruktur selber finanzieren, müsste das Unternehmen auch das Defizit selbst ausgleichen. Dass das in Oldenburg die Steuerzahler*innen tun sollen, ist mit diesem Nutzungskonzept für die 3. Liga unzulässig – das erklären wir hier: Kann ein Drittliga-Fußballstadion tatsächlich eine staatliche Beihilfe sein?


Ein sportmedizinisches Zentrum

Ein gut zugängliches sportmedizinisches Zentrum zwischen dem ZOB und den Trainingszentren von EWE Baskets und VfB Oldenburg zu positionieren, mag sinnvoll sein. Ca. 300 Quadratmeter erscheinen dafür eher klein. Eine Klinik in den starren Körper eines kompakten Fußballstadions zu setzen, schränkt ein. Für ein separates Gebäude, wie auf dem Bild der ©H-Hotels GmbH im Borussia-Park, fehlt in direkter Stadionnähe der Platz – der Mangel an Expansionsraum begrenzt ja auch die höchste Ausbaustufe des Drittliga-Stadions auf 15.000 Plätze (S.54). Die Unternehmensberater sehen das sportmedizinische Zentrum aber lieber im Stadionkörper, denn so können sie die 244 Tage, an denen die Klinik öffnet, als Stadionnutzungstage verbuchen (S.57). Das erscheint uns so unseriös gerechnet, wie die Kaltmiete für das sportmedizinische Zentrum, die die Hamburger auf 15 Euro/m² ansetzen.


Fazit: Eine Paracelsus-Klinik oder ein Medical Park sind nicht von einem Stadionbau abhängig und sollten auch nicht durch den starren, kleinen Stadionkörper begrenzt werden. Egal, wo ein sportmedizinisches Zentrum eingerichtet wird, ob unter den Tribünen, also zwischen dem leicht kontaminiertem Erdaushub und dem Asphalt vom Parkplatz, in einem separaten Gebäude in der „Sport- und Freizeitmeile Maastrichter Straße” oder an der „Oldenburger Sportinsel“ (MWS, OLantis, ORVO), es wird Kosten verursachen. Die sollten in unserer freien Marktwirtschaft private Investoren tragen und nicht die Stadt Oldenburg. Daher rechnen wir die 244 Öffnungstage nicht zur Stadionnutzung und die Erlöse von 48.600 Euro aus einer übertrieben hohen Miete auch nicht.


Parkgebühren geklaut

Die Einnahmen aus den Parkflächen erwirtschaftet die Weser-Ems Halle Oldenburg GmbH & Co. KG.

Auf ihrer Stadionbau-Webseite verkündet die Stadtverwaltung: „Immer nutzbar – nämlich an 365 Tagen im Jahr – wären die kostenpflichtigen Parkflächen, die sowohl an und außerhalb von Spieltagen zur Verfügung stehen und das Parkplatzangebot der Weser-Ems-Hallen ergänzen würden.“ Nur dumm, dass hier an 330 Tagen im Jahr ein wahrer Überfluß an freien Flächen herscht.

Oberbürgermeister Krogmann (SPD) beschrieb im NWZ VfB-Talk die Sinnlosigkeit der Forderung des DFB zu zusätzlichen Parkplätzen, die für ein Fußballstadion im Umfeld der Weser-Ems-Hallen exklusiv vorzuhalten sind, als „dort, wo die Stadt 5.000 Parkplätze hat”. Davon hat die Verwaltung auf unsere entsprechende Einwohnerfrage hin immerhin 3.200 gefunden: 

Darstellung der unabhängig vom Stadionneubau vorhandenen Parkplätze. ©Stadt Oldenburg

Laut CSIGHT sollen die 747 kostenpflichtigen Parkplätze außerhalb des Stadions die fast 3.200 Parkplätze der Weser-Ems-Hallen ergänzen (S.55). Das erscheint unsinnig und verwundert auch, weil nach unserer Interpretation der bisherigen Auskünfte zur Planung keine wesentlichen Parkflächen zum Stadionprojekt gerechnet werden – die Flächen gehören alle zu den Weser-Ems-Hallen. 


Die Parkgebühren (Preis pro Parkplatz) sollen mit vier Euro überraschend moderat ausfallen (S.79). Mit dem Stadion sollen insgesamt 830 Stellflächen für PKW auf 10.450 Quadratmetern Fläche zur Erfüllung der DFB-Auflagen ausgewiesen werden. Die Stellplätze der EWE-Baskets sind separat zu betrachten (Bauausschuss 20. April 2023).


Auf Seite 90 des Nutzungs- und Betriebskonzeptes erfahren wir, wie mit Parkplätzen jährlich 134.959 Euro (wohl zu DB1) erwirtschaftet werden sollen:

  • bei 19 Events (Heimspiele) sollen im Schnitt 747 Parkplätze genutzt werden =  56.772 Euro. Das wäre abhängig vom Zuschauerschnitt von 6.508. 
  • bei 6,5 Großveranstaltungen sollen im Schnitt 498 Parkplätze genutzt werden = 12.948 Euro.
  • an den restlichen 339 Tagen sollen im Schnitt 62,25 Parkplätze genutzt werden = 84.411 Euro. 


Ein Schnitt von nur 249 Euro pro Tag würde eine Bewirtschaftung an den 339 Resttagen unrentabel machen, gleichwohl rechnen die Unternehmensberater im Auslastungsplan mit 365 Nutzungstagen.

 

An zehn Tagen Kramermarkt stehen derzeit 516 Stellplätze auf der versiegelten Fläche (entspricht ungefähr dem zukünftigen VIP-Parkplatz) à fünf Euro zur Verfügung, die an jedem Kramermarktstag voll belegt wurden, was der Weser-Ems Halle Oldenburg GmbH & Co. KG geschätzte 40,000 Euro einbringt (weil Plätze im Laufe des Tages mehrfach belegt werden). 

Anmerkung:

Die Bürgerinitiative KeinStadionBau hatte im Dezember im Ausschuss für Finanzen und Beteiligungen nach den Einnahmen aus dieser Parkfläche gefragt. Da die Fläche Eigentum der Stadt ist und von der Weser-Ems-Hallen Gesellschaft bewirtschaftet wird, werden die Einnahmen natürlich derzeit bei den Weser-Ems-Hallen verbucht. Weil dieser städtische Eigenbetrieb rechtlich selbständig ist, dürfen wir den Betrag angeblich nicht erfahren – da endet die Informationsfreiheit in der Stadt Oldenburg.


Hier werden die Kramermarkts-Parkgebühren ganz dreist dem Stadion zugerechnet: Laut Auslastungsplan (S.57) bleiben nach Abzug der 19 Events plus 6,5 Grossveranstaltungen 339,5 restliche Tage. Die zehn Tage Kramermarkt wurden also von CSIGHT in den „restlichen 339 Tagen“ inkludiert. Die ungefähr 40.000 Euro, die am Kramermarkt von der Weser-Ems Halle Oldenburg GmbH & Co. KG auf 516 Stellplätzen erwirtschafteten Parkgebühren (die wir nicht wissen dürfen) sind also in den 84.411 Euro enthalten, die die Unternehmensberater dem Stadion zurechnen. Hier wirtschaftet Oberbürgermeister Krogmann (SPD) quasi von der linken in die rechte Tasche. Die 37.600 Euro, die durch das Parken an Heimspielen erwirtschaftet werden sollen, fehlen potentiell am Marschweg, zumal wegen der zentralen Lage und Nähe zum Bahnhof angeblich weniger Fans im privaten PKW anreisen sollen. 

Während der Erlös aus einem mit 830 Fahrzeugen voll besetzten Parkplatz nur 3.320  Euro einbringen soll, fantasiert CSIGHT, dass es bei Großveranstaltungen gar ein Erlöspotenzial von 4 Euro/m² geben soll (S.89), was bedeuten würde, dass die Fläche für 11.920 Euro vermietet würde. Die Unternehmensberater denken hier an 7,5 Events pro Jahr, was dann 89.400 Euro Umsatz machen würde. Aus der öffentlichen Power-Point-Präsentation werden wir hierzu nicht schlau. Falls Sie mehr Glück haben, informieren Sie uns bitte.


Wo soll das Parkhaus hin? 

Die Stadt plant ein erst einmal auf 7.500 Plätze begrenztes Drittliga-Stadion, weil bereits ab einem Platz mehr, der DFB ein Parkhaus fordert, dessen Kosten schon vor Jahren auf elf Millionen Euro geschätzt wurden. CSIGHT stellt eine 10.000-Plätze-Ausbaustufe vor, ohne dabei auf die Parkhausproblematik einzugehen. 

Dieser Clip zitiert den ©nwzonline VfB-Talk.

©Bundesamt für Karteografie und Geodäsie 2023

Da die mit Asphalt versiegelte, leicht kontaminierte Moorfläche südwestlich vor dem Stadion nicht für ein Parkdeck geeignet ist, haben bisherige Skizzen drei Möglichkeiten aufgezeigt:

  1. ein Parkdeck auf der Position des nördlichen Teils des Hügels mit leicht kontaminiertem Aushub (siehe Grafik von © AS+P). Der Aushub müsste dafür entfernt werden. Der Hügel gilt als Lärmschutz für Anwohner*innen nordwestlich des Stadions, was ein offenes Parkdeck nicht im gleichen Grade erfüllen kann. Wir halten diese Variante für unwahrscheinlich.
  2. ein Parkdeck auf dem Parkplatz der BBS 3 kollidiert mit der derzeitigen Nutzung des Parkplatzes durch die Berufsbildenden Schulen und die Sportplätze. Auch die Zufahrt wäre in Konkurrenz zu anderen Nutzungen. Diese Variante würde zusätzliche Versiegelung vermeiden, gleichwohl erscheint sie unwahrscheinlich. 
  3. ein Parkdeck östlich des Hügels ist die wahrscheinlichste Variante und würde auch zusätzlichen Parkraum am Kramermarkt bieten, soweit Konflikte mit Heimspielterminen der VfB Oldenburg GmbH vermieden werden können. Diese Variante erscheint uns die wahrscheinlichste, würde aber einen Teil von Oldenburgs größter Freilauffläche für Hunde versiegeln. Mitglieder mehrerer im Bauausschuss vertretenen Fraktionen haben sich dagegen ausgesprochen (siehe Protokoll der Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung und Bauen vom 25.05.2023).

Handlungsempfehlung: Vor der Standortwahl müssen erst alle Ausbaustufen in jederlei Hinsicht analysiert werden.


Nutzungsprofil Sekundärnutzungen

Dieses Bild zitiert das von der ©Stadt Oldenburg veröffentlichte Nutzungs- und Betriebskonzept.

Es ist unwahrscheinlich, dass die von den Einwohner*innen getriebenen Nutzungen, die auf der rechten Seite von CSIGHTs Präsentation (S.58) genannt sind, je stattfinden werden. Eine Ausnahme sind die MICE Flächen (siehe oben), die vielleicht genutzt werden, nur nicht an 100 Tagen im Jahr und leider doch in Konkurrenz zu den defizitären Weser-Ems-Hallen.


In der Stadt Oldenburg sind (Stand Januar 2024) noch nicht alle Stationen der Freiwilligen Feuerwehr mit sogenannten Netzersatzanlagen ausgestattet. Diese Stationen sollen im Katastrophenfall als Kommandozentrale und Anlaufstelle für die Bevölkerung dienen, aber nicht alle Stationen können derzeit im Katastrophenfall mit elektrischem Strom versorgt werden. Nun soll das Fußballstadion als Zentrum für „Katastrophenhilfe und Notunterkunft” dienen, weil es Sanitäranlagen hat, die sie in den EWE-Arenen und in jeder Turnhalle natürlich auch finden. Diese Nutzung ist krampfhaft herbeigeredet. Die Unternehmensberater dichten weiter: „In Zeiten von Gesundheitskrisen oder Pandemien kann das Stadion als Impfzentrum genutzt werden, um eine große Anzahl von Menschen effizient zu impfen.“ 


Wie andere Event-Locations litten auch die Weser-Ems-Hallen während der Corona-Pandemie wegen der Einschränkungen unter fatalen Einnahmeausfällen. Die Stadt Oldenburg unterstützte ihren Eigenbetrieb, indem sie die große Halle anmietete, um sie als Impfzentrum zu nutzen. Ein Fußballstadion braucht Oldenburg dafür nicht!


Fazit: Die „losen" Ideen aus Hamburg bieten Oldenburg keinen Mehrwert.


Betreibergesellschaft 

Durchführung einer Ausschreibung zur Auswahl eines erfahrenen privatwirtschaftlichen Betreibers. Der Betreiber schließt den Mietvertrag mit der VfB Oldenburg Fußball GmbH mit dem Ziel der Gewinnmaximierung bzw. Kostendeckung – so schreiben die Sportbusiness-Berater auf S.99. Das führt laut S.101 gegebenenfalls zu einer hohen finanziellen Belastung für die VfB Oldenburg Fußball GmbH. Darüber müssen sich die Berufsfußballer aber keine Sorgen machen, da „aufgrund der geringen wirtschaftlichen Attraktivität und des extrem limitierten Interessentenkreises eine privatwirtschaftliche Betreibung nahezu ausgeschlossen ist.“ 


Fazit: Für die geringe wirtschaftliche Attraktivität dieses Projektes gibt es ja Steuerzahler*innen wie Sie, werte Leser*innen.


Jedes Jahr mindestens ein Zwei-Millionen-Defizit 

Die Firma ProProjekt legte 2022 im Auftrag der Stadt Oldenburg eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für ein Drittliga-Stadion vor, wo bei Baukosten von nur 34 Millionen Euro und durch Zinsen von nur drei Prozent im Jahr Ausgaben von 2.861 Millionen Euro pro Jahr (inkl. Abschreibungen) entstehen. Dem wurde ein Erlöspotenzial für den Betreiber von 780.000 Euro in der 3. Liga gegenübergestellt (in der Regionalliga weniger). Das ergibt bei ProProjekt einen Verlust von mehr als zwei Millionen Euro pro Jahr für die Stadt Oldenburg (in der Regionalliga noch mehr). 


Wenn alle Event-Ideen, die die Hamburger Unternehmensberater 2023 vorlegten zu den erwarteten Einnahmen realisiert werden könnten, würde das laut CSIGHT 1.088 Millionen Euro zum Deckungsbeitrag (DB1) für das Stadion beisteuern (S.95). Das würde das Defizit auf unter zwei Millionen Euro pro Jahr drücken, wie es sich die Auftraggeber wahrscheinlich wünschen. Die Summe der Deckungsbeiträge bei CSIGHT ist aber nur optisch 300.000 Euro höher, als die Erlöse bei ProProjekt, weil CSIGHTs Zahlen nur eine Auflistung von Ideen darstellen, die in der Summe völlig unrealistisch sind. 

Wie wir oben gezeigt haben, fallen die durch den Neubau eines reinen Fußballstadion zu erzielenden zusätzlichen Erlöse um mindestens 627.000 Euro pro Jahr geringer aus:


Resümee 

Bei dem von Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) angestrebten Drittliga-Stadion geht es laut CSIGHT um eine „primäre Nutzung als Fußballstadion inkl. Geschäftsstelle – nicht als multifunktionale Veranstaltungsstätte….“


Am Beispiel Parkplätze haben wir oben ausgeführt, wie das funktioniert. Die Fläche und damit die Kosten gehören zu den Weser-Ems-Hallen, aber alle Einnahmen werden zum Drittliga-Stadion gerechnet, sogar die Parkgebühren an zehn Tagen Kramermarkt, die bisher zum Eigenbetrieb Weser-Ems Halle Oldenburg GmbH & Co. KG gerechnet wurden. 


Ansonsten geht es um den „
Fußballbetrieb als primäre Funktion und nicht als multifunktionale Veranstaltungsstätte“ (S.61). Die Berater des Sportbusiness’ führen zwar aus, dass „die Nutzungen des Stadions nicht nur auf den Fußball beschränkt sein [sollen], sondern auch Mehrwerte für die gesamte Oldenburger Gemeinschaft schaffen.“ Da die angeführten Ideen von „sekundären Nutzungen mit einer breiten Zielgruppenansprache außerhalb des Fußballs“ meist nicht zur Kostendeckung führen, werden diese Events, wenn überhaupt Bedarf für sie besteht, in den in Oldenburg schon relativ üppig vorhanden Arenen und Hallen stattfinden. Es handelt sich also höchstens um eine Verschiebung von Umsätzen, nicht um Deckungsbeiträge.

Selbst die Hamburger Unternehmensberater räumen in der Standortanalyse (S.16) ein: 

Die Weser-Ems-Hallen bieten vielfältige Veranstaltungen im Bereich Unterhaltung, MICE und Kultur,

welches für eine kleine Großstadt bereits ausreichend sein könnte.“


Von den von CSIGHT aufgeführten Erlöspotentialle aller Event-Ideen wird sehr wenig realisiert werden. Das heißt auch, dass dieses in Powerpoint gegossene Brainstorming nicht ansatzweise das Potential hat, den Verlust, den das Fußballstadion den Steuerzahler*innen aufbürden wird, unter zwei Millionen Euro zu senken.




Was Sie noch tun können?

Vielen Dank, dass Sie unsere Kritik des Nutzungs- und Betriebskonzepts gelesen haben. Um zu vermeiden, dass diese „naive Milchmädchen-Rechnung“ (so nannte es erfahrener Sportfunktionär) unkorrigiert in den Business Plan übernommen wird, hatten wir diese Kritik auch der  Geschäftsführung der Stadionplanungsgesellschaft mbH geschickt. Wir möchten Ihnen deren Antwort, nicht vorenthalten: 


ich habe Ihre Analyse zur Kenntnis genommen. Die Kritik an dem Nutzungs- und Betriebskonzept von C/SIGHT kann ich allerdings nicht nachvollziehen.

Die Ergebnisse der Beratungsleistungen basieren auf echten Insights durch langjährige praktische Senior Management Erfahrungen.“


Eine inhaltliche Auseinandersetzung gab es natürlich nicht. Oberbürgermeister Krogmann war sich nicht zu schade, diese peinliche Antwort an alle Fraktionen im Rat weiterzuleiten.


Der Europäische Binnenmarkt
von Klaas Brümann 08 Apr., 2024
Grundsätzlich müssen staatliche Beihilfen, mit Ausnahme sehr kleiner Beträge, vor ihrer Gewährung bei der Kommission angemeldet und von dieser genehmigt werden.
Hospitality-Bereich in einem Fußballstadion
13 März, 2024
Offener Brief an die Sponsoren des VfB- Oldenburg. Warum die lieber eine VIP- Lounge mieten, als sich an den Kosten für ein Stadion zu beteiligen.
Besser Breitensport statt Berufsfußball
11 März, 2024
Lassen Sie sich das nicht gefallen! Noch können Sie einen Stadionneubau auf Kosten der Steuerzahler*innen verhindern. Mischen Sie sich ein!
Volt in Oldenburg
von Stephan Arndt 10 März, 2024
Volt ist bekannt für klare Ziele in Sachen Bürgerbeteiligung, Transparenz und Klimaneutralität bis 2030. Wie steht die Partei zum Stadionbau?
CDU-Positionen zur Wirtschaftlichkeit
von Andreas Hohls 09 März, 2024
Wie steht die CDU in der Stadt Oldenburg zu einem aus Steuergeldern bezahlten Stadion für den gewerblichen Fußball?
07 März, 2024
Preisfrage: Wie weit reicht eigentlich die linke "Vernunft", wenn es um ein aus Steuermitteln finanziertes Stadion für den Bezahlfußball geht?
SPD Oldenburg
von Klaas Brümann 07 März, 2024
Passen die Aussagen der Oldenburger SPD vor der vergangenen Wahl eigentlich zum Prestigeprojekt von Oberbügermeister Krogmann (SPD)?
©Freie Demokraten
von Klaas Brümann 05 März, 2024
Warum sich die Liberalen schwer tun mit einer staatlichen Beihilfe für den Bezahlfußball in Oldenburg - und trotzdem für den Neubau sind.
von Klaas Brümann 26 Feb., 2024
Warum teilen sich eigentlich American Football und DFB-Fußball so selten ein Stadion? Die Antwort gibt es im Ludwigsparkstadion in Saarbrücken.
von Klaas Brümann 26 Feb., 2024
So sind im Saarland die Kosten für ein neues Dritt-Liga-Fußballstadion explodiert und warum die Stadt damit erpressbar geworden ist.
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