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Wo bleibt die "Zeitenwende"? - Die Perversion des Profifußball-Geschäfts

Juli 22, 2023

Ist ein ‚weiter so‘ im Profifußball noch die richtige Antwort auf die drängenden Probleme der Gegenwart?

Das Bestreben des Oldenburger Oberbürgermeisters Jürgen Krogmann (SPD), den Bau eines Fußballstadions für die VFB...GmbH durchzudrücken, wird immer absurder. Ein Aspekt aber scheint schon lange in der Argumentation zu fehlen. Dafür muss man allerdings eine Begrifflichkeit ausborgen, die vom aktuellen Bundeskanzler in einem weltpolitischen Zusammenhang bemüht wurde, aber wie die Faust auf's Auge zum Thema paßt: Die Zeitenwende.


Es wirkt schon lange so, als sei in den Reihen der Befürworter überhaupt nicht bemerkt worden, dass es tatsächlich eine Zeitenwende gegeben hat - und zwar nicht nur geopolitisch. Ohne Frage scheint es wohl die Pandemie und das dadurch veränderte Denken möglich gemacht zu haben, dass spätestens mit dem russischen Überfall auf die Ukraine und der gleichzeitig viruelent gewordenen Energieproblematik so etwas wie eine Zeitenwende eingetreten ist .



In allen Bereichen der Gesellschaft muss uns bewußt werden, dass es nicht mehr um jeden Preis ein höher-schneller-weiter-größer-teurer geben kann und darf. Nachhaltigkeit hat eine ganz andere Bedeutung bekommen und Geld, als Ausweis für Profit, darf nicht mehr das einzige Leitmotiv sein.

Wie der Oldenburger Oberbürgermeister Krogmann auf die Bedenken einer jungen Einwohnerin reagiert. Dieser Clip zitiert den ©nwzonline VfB-Talk

Der Preis für Berufsfußballer kannte in der Vergangenheit stets nur einen Weg: schnurstracks in ungeahnte Höhen. Weshalb die Deutsche Fußball Liga (DFL) streng diesem Diktat folgend, sich in ihren Bestimmungen auch einzig und allein nur daran orientiert. Eine schon mehrfach angedachte, neue Multimillionenliga für den Spitzenfußball mag in diesem System noch funktionieren. Der Breitensport tut es gewiß nicht. Und auch mindestens zweite und dritte Liga können dann nur überleben, wenn die Unternehmen des Unterhaltungsfußball durch Kommunen, also mit unseren Steuergeldern, gepampert werden. Oder die Fußballfirmen finden einen Mäzen wie etwa Dietmar Hopp, Milliardär und Mitbegründer des IT-Giganten SAP, der mindestens 350 Millionen Euro in seinen Heimatclub, die TSG 1899 Hoffenheim, gesteckt hat.


In Oldenburg sind uns solch superreiche Menschen nicht bekannt, die einen Teil des Erbes ihrer Kinder im Berufsfußball versenken wollen. Oberbürgermeister Krogmann möchte stattdessen für ein reines Fußballstadion mit schicker VIP-Lounge die Stadtkasse plündern. Damit erweist er dem Wirtschaftsstandort Oldenburg und den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern einen Bärendienst. Warum sollten Mäzene wie z. B.  in Augsburg, Elversberg, Hamburg, Hoffenheim, Osnabrück und anderswo dann jemals noch privates Geld in Stadien des Berufsfußballs investierem, wenn die Arena ihres Mitbewerbers "VfB Oldenburg Fußball GmbH" voll aus öffentlichen Mitteln finanziert wird?

Die verkehrte Welt von OB Krogmann: Die Stadt Oldenburg soll dem gewerblichen Fußball eine schickere VIP-Lounge bezahlen, damit reiche Leute sich dort wohler fühlen und der VfB...GmbH dann mehr Geld geben. Dieser Clip zitiert den ©nwzonline VfB-Talk

Die Problematik des großen Geldes und der aus dem Ruder gelaufenen Ansprüche eines Deutschen Fußballbunds (DFB) gegenüber den Fußballunternehmen und deren Spielstätten überstrahlt alles, was bisher redlich und gutwillig an Sachargumenten ausgetauscht wurde. In der dritten Liga konkurrieren regulär 20 "Firmen des Berufsfußballs" – unter ihnen gab es in den vergangenen zehn Jahren insgesamt zehn Unternehmenspleiten. Hier wird nicht seriös gewirtschaftet.


Darum sollte der Rat der Stadt Oldenburg die Oldenburgerinnen und Oldenburger nicht dazu verpflichten, über Jahrzehnte hinaus für Gigantomanie, Misswirtschaft und unternehmerische Fehlentscheidungen aufzukommen. Auch die Vorstellung, den gewerblichen Fußball unverändert einfach so weiterzuführen, ist schlicht aus der Zeit gefallen, womit die zweite sprachliche Anleihe benannt ist.

Und weil das so ist, sollten alle nicht versäumen, diesen überstrahlenden Aspekt des notwendigen Wandels auch immer wieder bewußt zu überdenken.


Im Sinne des Sports ist es Zeit zur Umkehr.

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